Erlösung durch eine gütige Fee

Wenn gleich ihr Verhältnis zu den Sterblichen nicht immer ganz ungetrübt war, brachten die Feen der Frühzeit den Menschen manchmal doch erstaunliches Wohlwollen entgegen, wie folgende Geschichte zeigt:

Einst wagte ein schottischer Ritter die Liebe einer Frau zu verschmähen, die über Zauberkräfte verfügte. In ihrem Zorn über diese Demütigung verwandelte sie den Jüngling in ein schuppiges, kaltes Reptil. Gefangen in dem abstoßenden Körper, kauerte der Ritter monatelang neben einem Baum.

Als in der Samain-Nacht die Felder im hellen Licht des Vollmondes erstrahlten, vernahm das bedauernswerte Geschöpf plötzlich den Klang von Flöten und Trompeten. Es hob den Kopf und gewahrte die Pracht des seeli court - des heroischen Feenvolkes Schottlands -, das in einer langen Prozession über das Hügelland zog und das Getreide der Bauern segnete. Kreuz und quer schlängelte sich der strahlende Zug durch die Felder und kam schließlich auch dorthin, wo der verzauberte Ritter kauerte.

Die Königin der seelie brachte ihr Pferd neben ihm zum Stehen und bedeutete ihrem Gefolge weiterzureiten.
Als die Musik der Feenprozession kaum noch zu hören war, setzte sie sich ins Gras und legte den Kopf des verzauberten Ritters in ihren Schoß. Dann strich sie liebevoll über den schuppigen Panzer und begann, lieblich zu singen.

Während sie sang, lag der Ritter vollkommen regungslos da. Der Mond ging unter, und die Sterne verblaßten, und im Osten brach die Morgendämmerung an. Da platzte der Panzer, der den Ritter gefangenhielt, brach auseinander und fiel schließlich von ihm ab. Zum Vorschein kam der Jüngling, unversehrt und makellos. Er hob an, der seelie-Königin für ihre Güte zu danken, doch bevor ihm auch nur ein Wort über die Lippen kam, verschwand sie im hellen Licht des Morgens und kehrte, für das menschliche Auge nicht sichtbar, in ihr unterirdisches Reich zurück.